Wald vor Wild – oder wie der Forst die Bürger hinter die Fichte führt

Bild © Lamour / LJV-RLP

Was haben Jäger mit Drachen und Ungeheuern gemeinsam? In den Augen des Forstes und seiner PR-Strategen sehr viel! Wer würde dem nicht zustimmen: Wir müssen den Wald schützen, der Umwelt zuliebe, für den Klimaschutz und gegen den Klimawandel. Der Förster als Heldengestalt, der gegen den Jägerdrachen kämpft, um nicht nur die Prinzessin Wald, sondern gleich die ganze Welt zu retten. Damit gewinnt man schnell die Öffentlichkeit, die Medien, die Politik. Dass sich dahinter nicht nur eine konstruierte Erzählung, ein künstlich aufgebautes Narrativ verbirgt, sondern vielmehr eine ausgeklügelte PR-Strategie des Forstes, erschließt sich erst bei tieferem Hinterfragen. „Es ist egal, ob Sie Recht haben und inhaltlich die Wahrheit sagen. Sie müssen Sachverhalte so darstellen, dass sie von denen geglaubt werden, die sie noch nicht kennen.“ So liest es sich im Klappentext des Buchs „Wortwechsel im Blätterwald“ von Prof. Dr. Michael Suda, Dr. Günter Dobler und Gerhard Seidl. Die Zeitschrift Wild und Hund berichtete in ihrer Ausgabe 20/2023 vom 14. Oktober ausführlich über die Hintergründe und Mechanismen. Es gab an dem von Prof. Suda geführten Lehrstuhl für Forstpolitik der TU München ein Projekt „Analyse waldrelevanter Diskurse und daraus abgeleitete Kommunikationsempfehlungen“. Dr. Dobler wurde für dieses Projekt von der staatlichen Forstverwaltung abgestellt. Gerhard Seidl ist Kommunikationsberater und hat an dem aus dem Projekt hervorgegangenen Buch mitgewirkt. Soweit zum Hintergrund. Die Mechanismen der PR-Strategie sind klar und im Ergebnis uns Jägern bekannt: Wir stehen dem Umbau klimaresilienter Mischwälder im Weg und müssen, wenn sich die Phantasien neuerer Jagdgesetznovellen wie z.B. in Rheinland-Pfalz erfüllen, als Erfüllungsgehilfen des Forsts und unter Androhung von drakonischen Strafen mehr Wild schießen. Geschenkt, dass hinter dem Narrativ des Forstes wirtschaftliche Interessen und Bequemlichkeiten stecken, etwa durch Ruhezonen und Äsungsflächen dem Wild Alternativen zum Verbiss anzubieten. Solche Dinge und vieles andere wird gar nicht mehr hinterfragt. Und medial ist es für die Jägerschaft in der Öffentlichkeit schwer, argumentativ die Erzählung des Forstes zu widerlegen, da diese sich wenig für eine tiefere Auseinandersetzung mit den Hintergründen von nachhaltigem Wildmanagement interessiert. Wild und Hund bringt es auf den Punkt: Wir müssen mit denselben Waffen zurückschlagen. „Unkontrollierte Wildschlächterei kommt in der Öffentlichkeit nicht gut an. … Kalkulierte Missachtung von Tierwohl und Rücksichtslosigkeit gegenüber Natur und ihrer Vielfalt können sich in unserer Gesellschaft auf Dauer nicht durchsetzen.“ Diese Ideen für eine Gegenkampagne und viele weitere Aspekte finden sich in dem sehr lesenswerten Artikel von Wild und Hund. Für unsere Öffentlichkeitsarbeit eine Pflichtlektüre. Und für uns als Bürger ein weiterer Ansporn zu hinterfragen, mit welchen Mitteln ideologiegeleitete Interessen uns zu manipulieren versuchen.

Prof. Dr. Stefan Jugel, Obmann für Öffentlichkeitsarbeit