Der Artikel erweckt den Eindruck, als sei das Umweltministerium den Jägern aufgrund von deren Protesten mit der Überarbeitung des Landesjagdgesetzes entgegen gekommen. Dabei wird wieder das Narrativ des Ministeriums „Wald vor Wild“ verbreitet, also man müsse wegen des Klimawandels zum Schutz des Waldes mehr Wild schießen. Und außerdem gäbe es schwarze Schafe unter den Jägern, die nicht genug schießen. Die böse Unterstellung dabei: Städter, die mehr aus gesellschaftlichen Gründen jagen … Die müsse man stärker an die Kandare nehmen.
Bei solchen Artikeln täte man gut daran, Hannah Arendts Leitspruch zu berücksichtigen: Wahrheit gibt es nur zu zweien. Warum wurde der zentral betroffene Landesjagdverband nicht gehört bzw. bekommt in diesem Artikel keine Stimme? Wer zwischen den Zeilen liest und tiefer in dem Thema steckt, kommt der Wahrheit näher.
Der erste Entwurf der Jagdgesetznovelle war eine krasse Bauchlandung des Ministeriums. Er war gespickt mit über 90 groben Fehlern bis hin zu verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Peinlichkeit, Jäger müssen gegenüber der Bevölkerung einen respektvollen Umgang pflegen, war da nur eine Petitesse. Wes Geistes Kind muss man sein, so etwas in ein Gesetz zu schreiben?
Es war ein Entwurf aus dem Hinterzimmer ohne Berücksichtigung der Argumente betroffener Interessengruppen. Die hatte man zwar zuvor eingeholt, dann aber ignoriert. Ein peinlicher handwerklicher Fehler, der die Haltung dahinter klar zum Ausdruck bringt. Man wollte von oben herab etwas durchdrücken und baut darauf, wie im politischen Geschäft so üblich, dass man nach zähem Ringen zumindest Teile davon später durchs Ziel bringt. Jetzt erst, so der Artikel, fanden 28 Fachgespräche statt, um die Novelle zu überarbeiten.
Betrachtet man nun die andere Seite, so stimmt schon das Narrativ „Wald vor Wild“ nicht. Die Erhöhung des Wildabschusses ist nicht die Lösung. Es gibt bessere Wege, z.B. Wildruhezonen und Äsungsflächen. Nur die sind für den Forst aufwändiger. Der im Übrigen durch die vor Jahrzehnten angelegten Monokulturen maßgeblich verantwortlich für den Zustand des Waldes ist und jetzt den einfachen Weg über den Wildabschuss sucht. Und so schließt sich am Ende der Kreis. Hinter vorgehaltener Hand hört man, dass es im stillen Kämmerlein des Ministeriums einen Einflüsterer vom Forst gab, der eigeninteressengeleitet in die Feder der Gesetzesschreiber diktiert hat. Politik kann aber nicht gegen die Bürger, sondern nur mit allen Betroffenen gemacht werden!
Prof. Dr. Stefan Jugel, Obmann für Öffentlichkeitsarbeit